Beitragsbild zu Arten von Selbsthilfegruppen – Kontaktstelle für Selbsthilfegruppen in Giessen – Weiße Wand mit bunten und unbeschrifteten Klebezetteln beklebt

In Deutschland schätzt man die Anzahl der bestehenden Selbsthilfegruppen auf ca. 100.000. Viele Gruppen und Organisationen unterscheiden sich jedoch nach Größe, Struktur, Arbeitsweise, Zielsetzung, Alter und Dauerhaftigkeit, Grad der Professionalisierung und vor allem natürlich nach den Themen, die dort bearbeitet werden sollen. Es lassen sich jedoch drei grobe Typologien festhalten, um eine bessere Orientierung zu gewährleisten.

Bei den sogenannten „Anonymous-Gruppen“ handelt es sich um eine weltweite Bewegung. Diese Gruppen arbeiten nach einem sogenannten „12-Schritte-Programm“ und beschäftigen sich häufig mit Suchterkrankungen. Besonders bekannt sind die „Anonymen Alkoholiker“, deren Schöpfungsmythos auf zwei scheinbar hoffnungslose Trinker namens Bob und Bill im Jahre 1935 zurückgeht. Diese merkten, dass sie nicht zu trinken brauchten, solange sie im Gespräch miteinander waren, und dass sie sich als gleichermaßen Betroffene besser verstehen und unterstützen konnten, als es Außenstehende vermochten. Die Gruppengespräche bestehen im Wesentlichen aus einer Reihe von Monologen, in denen aus dem eigenen Leben, von der eigenen Sucht, von den Anstrengungen, sie zu überwinden, von Rückfällen und von Erfolgen berichtet wird. Dabei ist es wichtig, dass jeder von sich selbst spricht, gegenseitige Ratschläge sind nicht vorgesehen. Die Balance zwischen Selbst- und Fremdhilfe ist für die Philosophie der Anonymous-Gruppen von zentraler Bedeutung. Für jeden in der Runde ist völlig klar, dass er oder sie um seiner/ihrer selbst willen, zur Überwindung der eigenen Krankheit in die Gruppe geht und nicht, um anderen dort zu helfen. Zugleich ist jeder verpflichtet, zum Erhalt der Gemeinschaft beizutragen und die eigenen Erfahrungen weiterzugeben.

In der Regel handelt es sich hierbei um örtliche Gesprächskreise ohne Anschluss

an größere Verbände auf Landes- oder Bundesebene. Diese Gruppen haben häufig ca. fünf bis zehn Teilnehmende und gehen im gemeinsamen Gespräch ihren Problemen auf den Grund. Den thematischen Schwerpunkt legen die Gruppen dabei selbst fest, z. B. durch psychodiagnostische Fachbegriffe wie „Depression“ oder „Panik- und Angststörungen“ oder bestimmte Verluste wie „trauernde Eltern“ oder „Geschiedene“ aber auch bspw. spezielle familiäre Belastungen, wie „Angehörige von psychisch kranken Menschen“ oder „Eltern allergiekranker Kinder“, natürlich aber auch durch chronische Erkrankungen oder Behinderungen (z.B. „Insuliner“). Diese Gruppen treffen sich ohne Anleitung durch eine Fachkraft zu regelmäßigen Gesprächen, manchmal auch zu gemeinsamen Freizeitaktivitäten. Diese Gruppen sind zwar grundsätzlich bereit, neue Mitglieder aufzunehmen, tun dies aber vor allem mit dem Ziel, den eigenen Bestand zu erhalten, und nicht, um andere zu versorgen. Zeitweilig können sie sogar ganz geschlossen bleiben, um sich innerlich zu stabilisieren und ihre Arbeitsfähigkeit zu gewährleisten.

Anders als mit den oben beschriebenen weitgehend nach innen orientieren Gesprächsselbsthilfegruppen und den politisch bewusst „abstinenten“ Anonymous-Gruppen verhält es sich mit den großen Selbsthilfeorganisationen (z.B. Deutsche Rheuma-Liga, Frauenselbsthilfe Krebs, usw.). Diese großen Organisationen sind häufig auch gesundheits- und sozialpolitisch aktiv. Sie haben häufig eine Vereinsstruktur und bieten Betroffenen eine Vielzahl von Unterstützungsmöglichkeiten im Rahmen ihrer Mitgliedschaft. Dazu gehört auch das Angebot verschiedener Regionalgruppen. Diese Gruppen kooperieren häufig auch mit Fachleuten, so dass die Gruppentreffen auch einen Informationscharakter haben. Die Teilnehmendenanzahl kann dabei häufig auch – anders als bei reinen Gesprächsgruppen – zehn Personen überschreiten.